Episode 14: Bruchbiografie
Die Bruchbiografie stellt dich vor die Herausforderung, dein Leben selbst inszenieren, vielleicht auch zusammenschustern zu müssen. Wie gehst du damit um?
Herzlich willkommen zur Einführungsveranstaltung zur zweiten Staffel Fugengold. Ohne Sommerpause gehen eure beiden Denk- und Labersportler direkt in die nächste große Podcast Hafenrundfahrt. Im Gepäck: ein pickepackevoller Sack spannender Themen, intimer Einblicke und großer Denkerbrillen, die wir uns stellvertretend für euch aufsetzen und damit auf die Bruchstellen unseres Lebens schauen.
Diese Staffel steht unter einem großen Thema, das mannigfaltige Risse für uns zur Vergoldung bereithält: wir werden über die “Bruchbiografie” sprechen. Was das genau ist und wo sie uns im Alltag begegnet, klären wir in dieser ersten Episode.
Der Begriff der Bruchbiografie stammt vom Popstar der deutschen Soziologen, Ulrich Beck. Neben seinem bekanntesten Thema, der “Risikogesellschaft”, hat sich Beck auch mit der Veränderung unserer Lebensweisen und -läufe auseinandergesetzt. In dieser “Individualisierungsthese” geht es vor allem um die Individualisierung von Lebenslagen und Biografiemustern. Er beobachtet, wie sich Normen und traditionelle Lebensformen wie Klasse, Geschlechterverhältnisse, Normalfamilie oder lebenslanger Beruf verändern, bzw. auflösen. Statt wie die meisten unserer Großeltern noch ein Leben an einem Ort, mit einem Job und einer Beziehung zu verbringen, brechen diese linearen Biografien auf – und diesen Riss gilt es zu füllen! Hier prägte Beck den Begriff der Bruchbiografie, der unsere Herausforderung beschreibt, unsere Biografie selbst inszenieren, gar zusammenschustern zu müssen.
Das Problem mit dieser Selbstgestaltung des Lebens liegt vor allem in zwei Bruchstellen: der Schuld und der Einsamkeit. Wenn wir das Gefühl haben, uns steht die ganze Welt offen und alles ist möglich, wird unser Leben komplex, unübersichtlich und voll von Risiken. Wenn jeder von uns vom Tellerwäscher zum Millionär werden kann, sind wir dann einfach selbst schuld, wenn es nicht klappt? Die Diskontinuität der Bruchbiografien macht uns anfällig für Versagensängste und das Gefühl der Schuld.
Gleichzeitig werden Ausbildung, Beruf und Partnerschaft als Lebensmodelle hinterfragt. Unsere Anforderungen an Mobilität und Flexibilität machen es schwer, sich festzulegen. Wird jede Verpflichtung als Einschränkung dieser Freiheiten zur Biografie-Entfaltung begriffen, bedeutet Individualisierung vor allem Autonomie. Und die geht oft einher mit fehlender Integration in soziale Konstrukte und kann zur Vereinzelung führen.
Wie wir diesen Bruchstellen begegnen können und welche Chancen deine Bruchbiografie bereithält, hörst du in der aktuellen Folge.
Shownotes:
Einführung ins Thema der Bruchbiografie im Video “Leiden unter der Bastelbiografie”